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Dienstag, 20.10.2020
Nordstadtblogger nordstadtblogger.de
Aus der Nordstadt – über die Nordstadt – Nachrichten aus Dortmund

Von der Idee, mit Kunst eine Gesellschaft zu humanisieren: Vernissage von
„Jüdisches Leben in New York“

Bettina Brökelschen bei der Vernissage ihrer Ausstellung im Kulturzentrum „Alte Schmiede“ am
vergangenen Sonntag. Fotos: Claus Stille
Von Claus-Dieter Stille
Erfreulich viele Besucher*innen kamen am vergangenen Sonntag zur Eröffnung der Ausstellung
„Jüdisches Leben in New York“ der bekannten Dortmunder Künstlerin Bettina Brökelschen ins
Kulturzentrum „Alte Schmiede“ in Huckarde. In einer Videobotschaft nannte Oberbürgermeister
Ullrich Sierau die Bilder der Künstlerin „farbenprächtig, kraftvoll“ und eine „fantastische Arbeit“. –
Während eines Rundganges durch die Exposition wurde an jedem einzelnen Bild Halt gemacht und
die jeweils dazu im Ausstellungskatalog geschriebenen Texte zu Gehör gebracht. Die

ausdrucksstarken Bilder werden einen Monat gezeigt. Die Künstlerin hat sie der Jüdischen Gemeinde
Dortmund geschenkt.
Oberbürgermeister Ullrich Sierau: Themen aufgegriffen, „die man früher nicht beachtet hat“
Sierau betonte in seiner Botschaft: Sie, die Künstlerin greife „in besonderer Weise Themen auf, die
man früher nicht beachtet hat“ und sei „eine Brückenbauerin zwischen dem Leben und uns durch
ihre Bilder“.

(v.l.:) Tirzah Haase, Matthias Rothenberg,
Wolfgang Polak, Bettina Brökelschen, Gerhard
Hendler, Jörg Stüdemann

Brökelschen habe mit ihren Arbeiten ihren
Respekt vor dem jüdischen Leben nicht nur in
New York, sondern auch dem Dortmund zum
Ausdruck gebracht.

Wolfgang Polak, Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund, lobte die Hingezogenheit der
Künstlerin zum Judentum und versprach, die Bilder würden in der Jüdischen Gemeinde an
exponierter Stelle dauerhaft gehängt werden.
Gerhard Hendler, Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Huckarder Vereine und die Künstlerin
Bettina Brökelschen begrüßten die zahlreich erschienen Gäste im Kulturzentrum „Alte Schmiede“,
einer ehemaligen Werkstatt der Zeche Hansa, in Huckarde mit einem „Herzlichen Glück auf!“. Bettina
Brökelschen bedankte sich bei denen, „die geholfen haben den Katalog zu etwas ganze Besonderen
zu machen, indem sie eine Interpretation, eine Geschichte oder ein Gedicht“ zu einzelnen Bildern
geschrieben haben. Musikalisch wurde die Ausstelleröffnung bestens von Matthias Rothenberg
(Gitarre/Gesang) begleitet.
Jörg Stüdemann: Die Arbeiten von Bettina Brökelschen sind warmherzig und voller Empathie
gemalt
Kulturdezernent und Stadtdirektor Jörg Stüdemann bezeichnete Bettina Brökelschen als eine „feste
Instanz im Dortmunder Kulturleben“ schon über viele Jahre. Die Künstlerin zeichne „eine spezifische
Art zu malen“ aus.

Der Musiker Matthias Rothenberg
Manchmal, so Stüdemann, habe er gedacht, der
Stil müsste aus der afrikanischen Kunstszene, der
„art populaire“, herrühren. Ein großes Bild in
diesem Stil könne man sich in der Innenstadt von
Brüssel anschauen.
Diese Malkunst erinnere ihn an Arbeiten von
Brökelschen. Deren Kunst sei überwiegend eine
gegenständliche Kunst, die die Malerin
unverwechselbar mache. Es sei ein „erzählender
Stil“ – man lerne und erfahre etwas und werde
angeregt sich mit einem Thema

auseinanderzusetzen; „Die Bilder sind bunt, sie sind vital, sie haben oft eine zeichnerische Kontur und
ein sehr sehr starkes Kolorit.“

Besonders zeichne die Arbeiten von Bettina Brökelschen aus, dass sie sehr warmherzig seien und
voller Empathie gemalt würden, unterstrich der Kulturdezernent. Brökelschen verstehe Kunst nicht
als einfache Illustration, nicht „nur Dekoration und Lebensbegleitung in der ein oder anderen
charmanten Form“, sondern ihr gehe es um etwas. In diesem Sinne habe sie sich in viele soziale
Projekte eingebracht.
Vision von Bettina Brökelschen: Gesellschaft und Stadt mithilfe und über die Kunst humanisieren

Stüdemann nannte einige: „bei der
Mitternachtsmission, Projekte von Frauen gegen
Genitalverstümmelung, für Kinder, für unsere
bunte Stadt oder für die AIDS-Hilfe.“ Kunst sei für
die Künstlerin auch in mehrere Hinsichten eine
Art von Therapie, natürlich auch für einen selbst.
Was in ihrem Fall ganz besonders stimme, da sie
therapeutisch-künstlerisch tätig sei.
Die große Vision von Bettina Brökelschen sei die
Idee, dass man die Gesellschaft, die Stadt
humanisieren könne mithilfe und über die Kunst.
Ihre Kunst werde stets in einem sozialen
Zusammenhang und in einen Auftrag gestellt,
was als „ein sehr ethisches Anliegen“ bezeichnet
werden könne.
Der Stadtdirektor sprach davon, dass ihn bei
seinen Besuchen in New York, speziell in
Brooklyn, das große Spektrum jüdischen Leben
sehr beeindruckt habe.

Immerhin lebten in New York über zwei Millionen Menschen jüdischer Herkunft, jüdischer Kultur und
jüdischer Religion in einer großen Vielgestaltigkeit. Außergewöhnlich sei erst recht das Leben in
Brooklyn und dem Stadtteil Williamsburg mit einer ganz anderen Facette jüdischen Lebens. All das
habe die Künstlerin in Ausschnitten sehr treffend abgebildet
Schauspielerin Tirzah Haase über ihre Freundschaft zur Künstlerin unter „K & K, wie Kunst und
Krankheit“

Tirzah Haase schenkt Bettina Brökelschen ein
Lexikon des Judentums.
Stüdemann zeigt hoch erfreut darüber, dass
Bettina Brökelschens Bilder künftig in der
jüdischen Gemeinde eine Heimat fänden.
Spätestens könnten sie dort ausgestellt werden,
wenn die jüdische Grundschule in der Nähe der
Berswordt-Schule und der Franziskus-Schule
gebaut sei, was er für 2022/2023 in Aussicht
stellte. Die Bilder würden gewiss, meinte der
Stadtdirektor, auch dazu anregen, mit jüdischen Menschen in der Stadt ins Gespräch zu kommen.
Die Schauspielerin Tirzah Haase stellte sich als Freundin von Bettina Brökelschen vor. Sie rubrizierte
diese unter „K & K, wie Kunst und Krankheit“. Dass das auch eine Verbindung schaffen kann, eine

Freundschaft entstehen lassen könne, erzählte die engagierte Schauspielerin. Drei explizite Daten
gab sie, verpackt in drei Akten, dazu, wo und wie sich die beiden Frauen kennengelernt hatten.
Bei der Aktion „Weibsbilder“ im Jahre 2000 etwa im Rathaus. Später sah man sich bei anderer
Gelegenheit abermals. Bettina Brökelschen schenkte der Schauspielerin ein Bild, das sie aussuchen
sollte und die wählte sich dann eines mit dem Titel „Das Kind im Manne“. Tirzah Haase besuchte die
Künstlerin zuhause.
Über die Jahre entwickelt sich zwischen Schauspielerin und Künstlerin eine Freundschaft
Die Künstlerin erzählte ihr dann von einer Brustkrebserkrankung, die sie von 2005 auf 2006 gehabt
hatte. 2008 hatte ein freundschaftliches Verhältnis zum Johannes-Hospital und zu Chefarzt Dr. Georg
Kunz.

Tirzah Haase liest den Text zum Hochzeitsbild
ihrer Freundin.

Haase schlug seinerzeit vor, eine Benefiz-
Veranstaltung der Palliativstation im

Krankenhaus zu machen. Tirzah Haase gab ein
Konzert. Bettina Brökelschen stellte Bilder aus.
Zwei Monate später, erzählte Tirzah Haase –
kurzzeitig abermals von den Gefühlen von
damals tief ergriffen -, sei bei ihr Brustkrebs
diagnostiziert worden. Bei einem weiteren Gespräch im Hause Brökelschen habe die Künstlerin ihr
aus ihrem Leben erzählt. Da habe die Schauspielerin Bettina Brökelschen als wirkliches Weibsbild
erlebt.
Und nochmals seien sie dann 2009 zusammengetroffen. Ein vierter Akt also noch. Kurz vor der OP
von Tirzah Haase. Bettina Brökelschen machte wieder eine Ausstellung und hatte sie mit Ehemann
eingeladen. Das habe Tirzah Haase Mut gemacht. Und so weit sei auch alles schließlich in Ordnung
gekommen. Seitdem hätten beide Frauen viele Veranstaltungen zusammen gemacht.
Exkursion durch Ausstellung mit jeweils besonderem Blick auf jedes einzelne Bild mit textlicher
Ergänzung

Beate Marschke schrieb den Text zu diesem Bild
Für alle Besucher*innen schloss sich dem
offiziellen Teil eine interessante Exkursion mit
ganz besonderen Augenblicken an. Vor jedem
Bild der Künstlerin wurde in Gruppen Station
gemacht. Und diejenigen, welche zu den
jeweiligen Bildern Texte oder Gedichte verfasst
hatten – sie sind neben denen im Katalog
abgedruckt – lasen diese vor. Waren einzelne
Autoren nicht da, übernahm Tirzah Haase diese
Aufgabe.

So stellte sich zu den einzelnen Bildern noch einmal eine ganz besondere Verbindung her bzw.
wurden Besucher*innen der Ausstellung zu interessanten Gedanken angeregt. Der
Kommunalpolitiker Friedrich Fuß, der einen Text zu Bettina Brökelschens Porträt von Benno Elkan
(geb. am 2.12.1877 in Dortmund, gest. am 10.1.1960 in London) geschrieben hatte, las seinen Text

persönlich. Fuß, erzählte übrigens, dass er ein Kunstwerk von Benno Elkan besitze. Es könne auf
Anfrage bei ihm zuhause besichtigt werden.

Elkan ist Mitbegründer des ersten Fußballvereins
Dortmund (1895) sowie des Fußballvereins

Bayern München. Nach ihm ist die Benno-Elkan-
Allee in der Stadtmitte am Dortmunder U

benannt. Ein Kunstwerk von Elkan kann man
virtuell via Smartphone oder Tablet im Museum
für Kunst- und Kulturgeschichte betrachten.
Friedrich Fuß äußerte die an die Stadt Dortmund
gerichtete Hoffnung, dass das Kunstwerk in
naher Zukunft einmal in Bronze gegossen werde,
um dann ausgestellt zu werden. Von Elkan
stammt übrigens die große Menora vor der
Knesset (dem israelischen Parlament) in
Jerusalem.
Weitere Informationen:
• Das neue Projekt, Jüdisches Leben in New
York’ ist durch eine Freundin von Bettina
Bröckelschen entstanden, die sie in Brooklyn im
jüdisch-orthodoxen Viertel besuchen durfte. Die
Vielfalt und Andersartigkeit der dortigen Bewohner weckten in Bettina Brökelschen den
Wunsch, darüber mehr zu erfahren und zu malen.
• Die Ausstellung wird ab dem 18. Oktober 2020 für einen Monat gezeigt und kann freitags von
17:00 Uhr bis 19:00 Uhr und nach telefonischer Absprache (Mobil: 01731933459) besichtigt
werden.

Aus Gründen des Infektionsschutzgesetztes wollen wir die Gesundheit  unserer Gäste und freiwilligen Helfern   schützten, daher finden bis auf weiteres keine Musikveranstaltungen statt. Wenn dies wieder möglich ist, finden Sie Info's dazu auf dieser Seite.

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